WERKGRUPPE
GRAZ
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WEGHAFTES. ARCHITEKTUR UND
LITERATUR
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4.1. /
/ Markus Jaroschka: Die Reihe "Werkgruppe Lyrik"
- Zelte der Sprache /
/ Orte der Poesie/
Neben der Grenzsuche ist für die Literatur, vor
allem für die Poesie, auch die Suche nach 'Orten', nach menschlichen
Orten, eine wichtige Aufgabe der 'Weltbeschreibung'. Es ergeben sich in
der Tat völlig neue Phänomene in der Entwicklung in der heutigen
Welt. Das Wort "Globalisierung" sei stellvertretend für
viele Entwicklungen genannt. In der Atemlosigkeit einer Zeit, in einer
neuen "Weltgesellschaft", worin der einzelne, der neue "flexible
Mensch", damit beschäftigt ist, ja sein muß, den Anschluß
an den nächsten Quantensprung im Bereich der Neuen Medien nicht zu
versäumen, stellt sich die immer neue Frage nach den wirklichen Lebensorten.
Dafür gab es in der Poesie immer die alten Worte, die von der Dunkelheit
der Erde, dem Himmel, den fernen Sternen, von fremden Landschaften, von
der Weite des Meeres, vom Du erzählten. Dies sind nur vordergründig
reale Orte, in Wahrheit jedoch ideelle Landschaften, die vom Inneren des
einzelnen 'sprechen'. Es sind Nachrichten von der Topographie der Poesie,
jener anderen Hemisphäre mit den anderen Orten des menschlichen Erfahrens.
Was sind die Orte der Poesie? Ein Ort ist gekennzeichnet durch seine Identität,
durch seine Beziehung zu seinem Umraum und durch seine Geschichte. Es
besteht kein Zweifel, die Orte, in denen Menschen noch zu Hause sein konnten,
lösen sich immer mehr auf - begleitet von einer Tendenz der Entwurzelung.
Die Schlüsselkompetenz in der modernen Kulturtechnik, die Kommunikationsfähigkeit
ist gefragt, wer nicht mittut, fällt zurück. Die alten sozialen,
kulturellen, emotionalen Orte werden von Nicht-Orten in einem riesigen
ökonomisch-technischen Universum ersetzt, das nur noch "Passanten",
Durchreisende, aber keine "Heimat" mehr kennt. Dies hat aber
mit der hier versuchten Annäherung an die ins Auge gefaßten
"Weghaftigkeit" nichts zu tun. Wer hat nicht die Gleichheit
von Flugplätzen, Autobahnen, Stadteinfahrten in aller Welt erlebt?
Es sind Räume von Nicht-Orten, die austauschbar sind, sie schaffen
Einsamkeit und als wichtigstes Charakteristikum: Sie haben nur Gegenwart.
Anthropologische Orte dagegen schaffen organische, soziale Räume,
die überschaubar sind, in denen die Sprache noch "zu Hause"
ist.
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Die Werkgruppe Graz hat über einen Zeitraum
von 30 Jahren, von 1966 - 1996, Lyrik neben der architektonischen Tätigkeit
herausgegeben. Die Reihe der "braunen Büchl" aus dem gängigen
braunen Packpapier mit einfachem Kartondeckel gestaltet, war als Gruß
an Freunde gedacht, einmal im Jahr erschienen. Das Besondere war die persönliche
Signatur des Autors, die diese Bücher zu dokumentarischen Unikaten
machte. Doch auch der Umstand, dass es Erstveröffentlichungen waren,
gab ihnen ihren Wert Die Autoren waren anfangs aus dem Freundeskreis der
Literaten des Forum Stadtpark, später griff der Kreis weit aus. Mit
der Architektur hatten die Gedichte eines gemeinsam: dass immer Orte im
Mittelpunkt standen, seien es reale oder imaginäre. Dieser kontextuelle
Aspekt war uns ein Anliegen, ist er doch unserer Arbeit verwandt.
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