WERKGRUPPE
GRAZ
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WEGHAFTES. ARCHITEKTUR UND
LITERATUR
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3.3
Die Wegphasen als Raum- und Grenzerlebnis
/ Wegphase 7
/DIE UMKEHR- ...........................................................................
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"Der Hinweg wird real zurückgelegt, der Rückweg
imaginär", schreibt Fischer. Die Umkehr ist damit nicht nur
ein motorischer Akt, sondern ein sensorischer, der im weiteren Wegprozess
einen neuen Ort, das durch Erfahrung veränderte Heim anvisiert. Die
Wendung selbst verlangt eine erhöhte Aufmerksamkeit, da eine neue
Orientierung und eine neue Wegstrecke gefunden werden müssen. Der
mit der Umkehr begonnene Rückweg visiert das Heim als Ziel in der
Erinnerung an, die dem Bewährten als biologischem Urgrund vertraut.
Das im Zielverzehr gewonnene Neue stellt jene Energie dar, die an den
Anfang zurückführt. Ein Entwurfsprozess der praktizierten Umkehr
muss der Integration in die Umwelt erhöhte Aufmerksamkeit schenken,
sei es als Rückgewinnung verbrauchten Landes oder Rückführung
auf natürliche Kräfte, die Bauen in Übereinstimmung mit
der Natur sehen. Im ökologischen Kreislauf des Lebens ist die Umkehr
vorweggenommen.
3.3.7/
Mit der Umkehr wird der lineare Weg zum Ziel zum gekrümmten Weg,
der an den Anfang zurückführt. Gerichtete Prozesse werden zu
Kreisprozessen, die die Umwelt integrieren müssen und in der Form
der Rückkoppelung eine neue Form der Bewältigung einer Aufgabe
anstreben. Reflexion löst Aktion ab, die Auseinandersetzung mit Architektur
entfernt sich vom Raumschatten der prägenden Form hin zum Zeitschatten
der prägenden Ereignisse, die Kerben und Spuren hinterlassen. In
der Umkehr wird Simultanität erlebt.
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/ 3.3.7 / Wegphase 7/ Projekte und Realierungen
/ AHS Kapfenberg(1970)/
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Schulzentrum Kapfenberg-Walfersam
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AHS Kapfenberg
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/AHS Kapfenberg[1970]/
Der Wettbewerbsentwurf für ein Bundesgymnasium und
Bundesrealgymnasium in Kapfenberg 1970 ging einen Schritt
weiter als das 1967 realisierte Schulzentrum Kapfenberg
- Walfersam, indem dieses in seiner Randlage des Mürztales
stärker in die Landschaft integriert wurde als der
in ein Siedlungsgebiet eingeschlossene Volksschulbau. Beiden
gemeinsam lag die Idee eines auf eine zentrale Halle hin
ausgerichteten Baukomplexes mit seinem programmatisch aufzufassenden
kommunikativen Charakter zugrunde. Dennoch erkannte die
Jury die grundlegenden Intentionen des Projektes nicht,
womit ihm eine Realisierung versagt wurde. Zur Ausführung
kam ein konservativer Gangschul-Typ, der als Kopie anderer
Schulen gelten kann.
Die Auseinandersetzung mit der landschaftlichen Situation
einer Mulde der den nördlichen Talabschluß bildenden
Erhebungen veranlasste, den Schulbau als mehrgliedriges
Gebilde in diese Hangmulde einzupassen, womit das Spezifische
des Ortes betont wurde. Gegen die flacher werdende Talmitte
wurden die Sport- und Spielstätten in vorgelagerter
Form angeordnet, womit geringstmögliche Erdbewegungen
notwendig wurden. Der Zugang zur Schule ist von der südlich
vorbeiführenden Leobenerstrasse vorgesehen worden.
Die grundrissliche Anordnung des mit 2 - 3 Geschossen niedrig
gehaltenen Schulbaues sieht vor, um eine arenaartig abgestufte
Eingangs- und Pausenhalle, die auch als zentrale Festhalle
dienen kann, die erforderlichen Funktionsgruppen kreisen
zu lassen. Um im Inneren günstigere Orientierung zu
schaffen, bewirken die versetzten Zugänge ein rechtsdrehendes
Strömungsbild. Die gegeneinander abgesetzten Bauglieder
polygonaler, einen Achteckabschluss bildender Konfiguration
sind als Großraum konzipiert, der den besonderen Anforderungen
an Klassen oder Verwaltungseinheiten entsprechend untergliedert
werden kann. Der Turnsaal wurde südlich vorgelagert
bis an die Deckenkonstruktion in das Gelände eingegraben,
um freie Sicht zu haben und ihn im Untergeschoss mit dem
Schulkomplex zu verbinden.
Im Entwurfsprozess fasste ein ökologischer Aspekt Fuß,
der den baulichen Eingriff in eine noch intakte Landschaft
auf ein Minimum zu reduzieren versuchte. Die Einpassung
in den Landschaftsraum, die allseitige Öffnung zur
passiven Nutzung der Sonnenenergie, die der Topografie angepasste
Flächenverteilung und Wegführung wie die Eingrabung
des Großvolumens des Turnsaales zeigen das. Dabei
wird durch einen Ausgleich von Einstrahlung und Dämmung,
Aufladung und Speicherung, eine positive Energiebilanz angestrebt.
Erkenntnisse aus einem vorauslaufenden 10 jährigen
Entwurfsprozess, durch gesellschaftliche und wissenschaftliche
Entwicklungen forciert, konnten nutzbar gemacht werden.
Der Wegprozess machte eine neue Orientierung erforderlich,
das Verständnis vom Bauen als Heimaspekt hatte sich
verändert.
Unmittelbar wurden wir in den Zeitschatten prägender
Ereignisse geworfen, die wie die globale Verknappung der
Energiereserven auch eine architektonische Neuformulierung
verlangte. Ästhetische Prinzipien konnten nicht allein
aus dem Zeitmoment der Bauwerksentstehung abgeleitet werden,
sondern mussten auf einen Zeithorizont - heute als Nachhaltigkeit
bezeichnet - bezogen werden. Unser Engagement in der Raumordnung
führte zu dieser Zeit zur dringend notwendig gewordenen
Standortbestimmung. Mit dem Entwurf für die AHS in
Kapfenberg wurde eine Lösungsmöglichkeit angesprochen,
die Antwort einer Beauftragung bleib leider aus. Als Programm
blieb sie gültig.
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