WERKGRUPPE
GRAZ
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WEGHAFTES. ARCHITEKTUR
UND LITERATUR
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3.2 /
/ EUGEN GROSS: WERK GRUPPE GRAZ -
Wege, Räume, Gedanken /
"Die Methode ist
die Art und Weise, die den
Weg selbst zum Ziel macht."
Sigrid Hauser
Ein Anderes ist es, ein architektonisches Werk (eine Werkfolge)
zu sehen als das in die folgerichtige Chronologie eingebundene Gebaute
denn als der aus einer gemeinsamen Anstrengung erwachsene Antrieb,
einer uns gegebenen Zeit in der Sprache der Architektur einen Sinn
zu geben. Die Architekturtheoretikerin Sigrid Hauser (1) erkennt
einen Kreisprozess zwischen Weg und Ziel, auf die Architektur bezogen
zwischen Entwerfen und Aufnehmen, Idee und Realität. Die Methode
ist angesprochen, die unbeschadet der Darstellung als Bauwerk oder
Gedicht den Weg als "Umweg" zurückverfolgt, um letztlich
im Wechselspiel von Hemmen und Fördern das "Verständnis"
wachzurufen. Allein um dieses geht es, da es die Zeit aufhebt und
uns immer neu vorausblicken lässt. Eben dieses meint Hugo Kükelhaus,
der dem kindlichen Gehen abgeschaut uns im "Fallen und Auffangen"
fortschreiten lässt.
Ein Haus zu bauen gehört zu den Urtrieben des Menschen. Im
Aufrichten und Fügen von Bauklötzen, im Überspannen
mit Tüchern und im Durchbrechen von Öffnungen erlernen
wir einen "inneren Raum" zu schaffen, der sich vom äußeren
abgrenzt und dennoch in ihn hinausweist. Bauen führt an den
Beginn der Sprache zurück, wie Friedrich Weinreb (2) in seinem
tiefsinnigen Büchlein "Buchstaben des Lebens" in
der Befassung mit der hebräischen Sprache ausführt. Als
zweiter Buchstabe im Alphabet, auf das Aleph (A) des erstgeborenen
Adam (Mann des Blutes) folgend, ist das Beth (B) der Akt des Aussprechens
und Bezeichnens des Hauses als Heimstatt des Menschen. Im Alpha-beth
wird das Schweigen gebrochen, das vom Anbeginn der Schöpfung
das Geheimnis umgibt und aus der Stille den "Knall-Laut"
des b entlässt, der eine Welt des Hörens und Sehens schafft.
Mit dem Erkennen und Überschreiten einer Grenze entsteht das
Haus, wird Raum erfahrbar und messbar. Wie in der Brechung des Lichtes
und im Ritual des Zerschlagens eines Gefäßes erwächst
aus der Einheit die Vielheit, aus der Eins die Zwei - und auch der
Zweifel, ob das Haus gut ist. Der Diskurs heftet sich an das Haus,
das ein erstes Menschenpaar beherbergt - fortan bis heute. Ist es
wohnlich, um dem "Schatten Gottes" (eben der Mensch nach
Weinreb) zu erlauben sich niederzulassen?
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(1)
Sigrid Hauser, "Sprache - Z.B. Architektur, Löcker
Verlag Wien, 1998
(2) Friedrich Weinreb, "Texte zum Nachdenken", Buchstaben
des Lebens, Hrsg. Gertrude und Thomas Sartory, Herderbücherei
Band 699, Verlag Herder Freiburg im Breisgau, 1979
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