WERKGRUPPE
GRAZ
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WEGHAFTES. ARCHITEKTUR UND
LITERATUR
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3.3 /
/ Markus Jaroschka: Die Reihe "Werkgruppe Lyrik"
- Zelte der Sprache /
/ Technisierung /
Vielleicht dazu noch einen weiteren interessanten
philosophischen Aspekt: Vor rund 200 Jahren hat Hegel die Auffassung vertreten,
dass Wissenschaft und Philosophie und nicht Kunst und Religion die tragenden
Formen unseres Selbstbewusstseins in der Zukunft sein werden - ein Diktum
mit großen Konsequenzen. Die Technisierung unserer Welt,
unserer Psyche, der Sprache, in der Struktur unseres Denkens mittels Wissenschaft
hat, sicher auch für Hegel, in einem unvorstellbaren Ausmaß
stattgefunden. Die Freudsche Psychoanalyse ist ein Beispiel jenes gewaltigen
Versuches, die menschliche Psyche wissenschaftlich beschreibbar, frei
nach Galileio Galilei, naturwissenschaftlich 'messbar' zu machen. So schrieb
Wolfgang Müller-Funk vor einiger Zeit in einem Essay Zehn Jahre lang
kein neues Buch!: "Es waren nicht rein sachliche Differenzen, die
Autoren wie Musil und Canetti zu Gegnern der Freudschen Psychoanalyse
gemacht haben. Sie spürten instinktiv, dass die Psychoanalyse die
Beschreibung des Menschen monopolisieren und einer unsystematischeren,
beobachtenden literarischen Anthropologie den Garaus machen könnte.
Was vielfach auch der Fall geworden ist: Nicht wenige vor allem westdeutsche
Romane der Nach-68er-Ära leiden darunter, dass sie die Menschen mit
einer simplifizierten psychoanalytischen Klapparatur [sic!] beschreiben
... E. T. Hoffmann konnte noch nicht Freud gelesen haben, welch ein Glück!
Wir wissen zuviel und scheinen zu altklug für die naive Raffinesse
der Literatur, die selbst mehr und mehr wissenschaftlich-reflexiv oder
die bloße Folie theoretischer Reflexion zu werden droht."
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Die Werkgruppe Graz hat über einen Zeitraum von
30 Jahren, von 1966 - 1996, Lyrik neben der architektonischen Tätigkeit
herausgegeben. Die Reihe der "braunen Büchl" aus dem gängigen
braunen Packpapier mit einfachem Kartondeckel gestaltet, war als Gruß
an Freunde gedacht, einmal im Jahr erschienen. Das Besondere war die persönliche
Signatur des Autors, die diese Bücher zu dokumentarischen Unikaten
machte. Doch auch der Umstand, dass es Erstveröffentlichungen waren,
gab ihnen ihren Wert Die Autoren waren anfangs aus dem Freundeskreis der
Literaten des Forum Stadtpark, später griff der Kreis weit aus. Mit
der Architektur hatten die Gedichte eines gemeinsam: dass immer Orte im
Mittelpunkt standen, seien es reale oder imaginäre. Dieser kontextuelle
Aspekt war uns ein Anliegen, ist er doch unserer Arbeit verwandt.
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