WERKGRUPPE
GRAZ
|
WEGHAFTES. ARCHITEKTUR
UND LITERATUR
HOME |
3.5
/
/ WERK GRUPPE GRAZ -
Weggefährten, Konflikte, Herausforderungen /
3.5.1 /
/ Emil Breisach: - Das Forum Stadtpark - Aufbruch zu Neuem /
Die Entstehung des Forum Stadtpark dankte seine
Dynamik einer Reihe von Umständen, die auch für den Werdegang
der in diesem neuen Wirkungszentrum tätigen Personen bedeutsam
wurde. Die Gründungsphase stand im Wechselspiel von Ablehnung
und Anerkennung. Die Aufforderung Günter Waldorfs, das verfallene
Stadtparkcafé der "Jungen Gruppe" für Ausstellungen
zur Verfügung zu stellen, wurde vom Stadtsenat als Ansinnen
zurückgewiesen. Die Konstellation persönlicher Freundschaften
bewirkte, dass der Künstlerclub und der Steirische Schriftstellerbund
das Gebäude auch für ihre Zwecke nützen wollten.
Auf ein erneutes Gesuch erfolgte der Abrissbescheid. Befreundete
Journalisten entfachten mit ihren Schlagzeilen "Mit der Spitzhacke
gegen die junge Kunst" und "Die Revolution im Stadtpark"
eine Welle der Sympathie in der Bevölkerung. Sie bewirkte den
Sinneswandel im Rathaus, von ihr wurde die Gründung des Vereins
"Forum Stadtpark", die Erfolge der Spendenaktionen, Straßensammlungen
und Benefizveranstaltungen getragen.
Auch Künstler konservativer Kunstauffassungen hatten sich mit
der neuen Gruppierung solidarisiert. Während der Umbauphase
- Werner Hollomey hatte kostenlos einen Neubau konzipiert - sonderte
sich Spreu vom Weizen: in nächtelangen Auseinandersetzungen,
die ich nach der Wahl zum Vorsitzenden leitete, wurden die Statuten,
die Stimmberechtigung aller 9 Referate (Aktuelles, Architektur und
Technik, Bildende Kunst, Film und Foto, Literatur, Musik, Studio
der Jungen, Theater und Kabarett, Wissenschaft) und die progressive
Programmatik mit spartenübergreifender Tendenz beschlossen.
Bereits in der Eröffnungswoche bewirkte die "Gesprochene
Zeitung", in der gegen andere Kunstrichtungen der Stadt polemisiert
wurde, den Austritt verärgerter Mitglieder. Um die Literaturzeitschrift
"manuskripte" entspann sich eine heftige interne Kontroverse.
Alfred Kolleritsch, der sich durchsetzte, öffnete sie den Literaten
der "Wiener Gruppe" und den jungen Grazer Autoren, deren
Talent sich an der neuen Reibfläche entzündete. Die "manuskripte"
entwickelten sich bald zur Speerspitze im Forum. Schon wurden in
der Grazer "Tagespost" Leseabende als "Dunkelkammer"
verhöhnt. Vertreter des "Wahren, Guten und Schönen",
deren es in der "Stadt der Volkserhebung" noch reichlich
gab, zettelten Pornographieprozesse an. Als wir polnische Künstler
zu einem Gastspiel einluden, bezichtigten uns ehemalige Spender
einer kommunistischen Schlagseite.
In dieser Phase der Auseinadersetzungen, in der sich weite Teile
der Öffentlichkeit vom Forum abwandten, erhielten wir Zuspruch
und Förderung vom Kulturreferenten des Landes, Dr. Hanns Koren,
vom Grazer Bürgermeister Dr. Alfred Speck und vom zuständigen
Ministerialrat Dr. Christian Kleinwaechter im Wiener Ministerium.
Man hatte in der allgemeinen Lähmung der österreichischen
Kulturszene die belebende Kraft unserer Intentionen erkannt. Wir
erhielten Zuzug von Künstlern aus Wien und anderen Bundesländern,
wir veranstalteten Gastspiele in der Wiener Secession und in der
Neuen Galerie der Stadt Linz. Nicht nur geistige Grenzen galt es
zu öffnen. Einen Zyklus "Das schweizerische Kunstschaffen
der Gegenwart" beantworteten wir mit Ausstellungen, Theater-
und Leseabenden in Zürich, "Die Moderne im slowenischen
Kulturbereich" sorgte für dauerhafte Kontakte und eine
Gegeneinladung nach Ljubljana.
Im Forum hatte sich ein spürbares Gruppenbewusstsein entwickelt.
Die Veranstaltungen und Gastspiele erbrachten Nährstoff, Begegnungen
und Gespräche. Persönliche Bindungen über Spartengrenzen
hinweg ergaben schöpferische Impulse. In der Druckwerkstatt
hantierten Graphiker und Literaten an gemeinsamen Mappen. Neue Texte
wurden während der Jam-Sessions im Jazz-Keller präsentiert.
Als ständige Gäste aller Veranstaltungen hatten sich die
immer zur Diskussion bereiten Professoren der Architekturlehrkanzel
Hubert Hoffmann, Karl-Augustinus Bieber und Viktor Winkler mit engagierten
Studenten eingefunden. Bald ergänzten sie die Ausstellungen
der "Werkgruppe", die mit den Architekten Werner Hollomey,
Eugen Gross, Friedl Groß und Hermann Pichler zu den Forum-Gründern
zählten, und den bald dazugestoßenen ideenreichen Newcomern
Günther Domenig und Eilfried Huth mit wagemutigen Plänen
zur Grazer Stadtentwicklung und zum modernen sozialen Wohnbau.
Es ist kein Zufall, dass gerade die Architekten in diesem neuen
Zusammenschluss von Künstlern aller Sparten rationale und emotionelle
Beheimatung suchten. Hubert Hoffmann, der seine Begegnungen im "Bauhaus"
wachrief, sah im Forum einen gleichgestimmten Ort schöpferischer
Impulse. Die Mitglieder der "Werkgruppe" empfingen durch
die gemeinsamen Ausstellungen mit Malern und Bildhauern Anregungen
für die plastische Ausformung künftiger Entwürfe.
Die Ausstellungen selbst erbrachten die so notwendigen Gespräche
mit Bauherren und Politikern. Die Impulse, ins Neuland vorzustoßen,
prägten die Auseinandersetzungen um konkrete Projekte. Die
Gruppenerfolge des Forums im In- und Ausland hatten zur Hebung des
Selbstbewusstseins beigetragen, man konnte schwierige Verhandlungen
als diskussionsgeübter und geachteter Partner bestehen.
1966 bereits hat die "Werkgruppe" begonnen, in loser Folge
Lyrikbände herauszugeben. Bald war diese Edition unveröffentlichter
Gedichte von Autoren, die im Forum beheimatet waren oder ihm nahe
standen, bei Sammlern begehrt. Warum diese Hinwendung der Architekten
zur Literatur? War sie mehr als Ausdruck persönlicher Bindungen,
die sich im Lauf gemeinsamer Erlebnisse im Forum gebildet hatten?
Gerade in der Lyrik manifestiert sich der Ausdruck des Seinsempfindens
einer Epoche am deutlichsten. Irritationen und Welterkenntnis werden
zur Sprache gebracht. Auch Architektur muss ihre gestaltbildende
Sprache finden. In der Analogie sucht sie ihr geistiges Fundament,
die Direktive für den Vorstoß ins Neuland. Aus diesem
Zusammenspiel ergab sich für das Team der Werkgruppe ein fruchtbares
Zusammenspiel mit zukunftsweisender Programmatik.
|
|
|
Die Stadt Graz, durch politische Umstände im
Zusammenhang zweier Weltkriege an den Rand gedrückt, neigte in den
50er- Jahren des vergangenen Jahrhunderts kulturell zur Bedeutungslosigkeit
abzusinken. Die Moderne als künstlerisches Bekenntnis war an ihr vorübergegangen,
wenn man von einigen außergewöhnlichen Randerscheinungen absieht.
Die nationalistische Hypothek der "Stadt der Volkserhebung" zog
die Stadt in die Tiefe und verwehte jeden Hauch von Internationalität.
Und dennoch, vielleicht im Angesicht der existentiellen Bedrohung, fasste
das Konzept der aus den Fesseln der "Entartung" gelösten
Freiheit des künstlerischen Ausdrucks in Einzelnen und kleinen Gruppen
Fuß, die aus unterschiedlichen Positionen hier Anker warfen. 1959
wurde die Künstlergruppe Forum Stadtpark gegründet, im Jahre 1960
trat sie in dem frisch adaptierten Haus mit einer Ausstellung an die Öffentlichkeit:
Maler, Bildhauer, Architekten. Ein Akt der Solidarisierung.
"Forum Stadtpark"
Cafe 1895 - 1960
|
"Forum Stadtpark"
Cafe 1895 - 1960
|
"Forum Stadtpark"
|
Emil Breisach bei einer Ausstellungseröffnung
|
Hergouth und Hollomey
|
|
|
|
|
|