WERKGRUPPE GRAZ
4.1. / / Markus Jaroschka: Die Reihe "Werkgruppe Lyrik" - Zelte der Sprache / / Die Grenze / Das Wort Grenze bewegt die abendländische Philosophie bereits seit der Antike - mit den beiden Polen Endlichkeit und Unendlichkeit. Die Grenze - was ist das? Wer nach den Grenzen fragt, ist gezwungen, sprachliche Umschreibungen anzuwenden; er spricht dann vom Ausgegrenzten, vom Umgrenzten oder vom Abgegrenzten, aber nicht davon, woran oder worin oder wozwischen die Grenze verläuft - also nicht von der Grenze selbst. Und dazu verschärft die natürliche Begrenztheit der Sprache diese merkwürdige Unsichtbarkeit der Grenze, wiederum ein Thema für die Literatur. Doch ohne Sprache(n) gäbe es kein Gespräch. Gerade die Sprachphilosophie des 20. Jahrhunderts hat jenes Mißtrauen gegen die Sprache artikuliert, hat jene eigenartige Brüchigkeit der Sprache, jenen Ort von Mißverständnissen aufgedeckt. Hatte Martin Heidegger die Sprache noch als "Haus des Seins" bezeichnet, so ist Ludwig Wittgenstein in seinem Tractatus logico-philosophicus viel radikaler - sein Aufweis der sprachlichen Grenze zwischen dem Sagbaren und dem Un-Sagbaren. Die Grenze ist existentiell: "Es gibt allerdings Unaussprechliches. Dies zeigt sich, es ist das Mystische." (6.522). Die Radikalität dieser Aussage Wittgensteins liegt in dem unscheinbaren Wort "zeigt", denn damit entzieht sich die Grenze und damit auch die Erfahrung der Grenze sprachlicher Vermittlung. Die Grenze zeigt sich! Diesen großen Problemkreis poetisch abzuschreiten, vielleicht im Sinne eines schreibenden Zeigens oder zeigenden Schreibens, mag eine Aufgabe der Poesie sein.. ![]() |
Die Werkgruppe Graz hat über einen Zeitraum von 30 Jahren, von 1966 - 1996, Lyrik neben der architektonischen Tätigkeit herausgegeben. Die Reihe der "braunen Büchl" aus dem gängigen braunen Packpapier mit einfachem Kartondeckel gestaltet, war als Gruß an Freunde gedacht, einmal im Jahr erschienen. Das Besondere war die persönliche Signatur des Autors, die diese Bücher zu dokumentarischen Unikaten machte. Doch auch der Umstand, dass es Erstveröffentlichungen waren, gab ihnen ihren Wert Die Autoren waren anfangs aus dem Freundeskreis der Literaten des Forum Stadtpark, später griff der Kreis weit aus. Mit der Architektur hatten die Gedichte eines gemeinsam: dass immer Orte im Mittelpunkt standen, seien es reale oder imaginäre. Dieser kontextuelle Aspekt war uns ein Anliegen, ist er doch unserer Arbeit verwandt.
|